CSU und Freie Wähler haben eine deutliche Beschränkung der Rederechte der Abgeordneten des Bayerischen Landtags durchgedrückt. Die Opposition stimmt, ungewohnt geschlossen, dagegen.

Vor allem in drei Punkten sehen die Oppositionsfraktionen ihre Rechte drastisch beschnitten:

Erstens begrenzt die neue Geschäftsordnung die Debattenzeit bei Einzelberatungen. Bislang war diese noch unbeschränkt, was in sehr seltenen Fällen zu Marathondebatten führte, die sich bis in die frühen Morgenstunden hinzogen. Die zeitliche Begrenzung der Debatten richtet sich offenbar gegen die AfD, um ihr die Möglichkeit zu nehmen, ihre Kritik an Gesetzesentwürfen ausführlich im Landtag zu begründen.

Volker Halbleib (SPD) sieht in der Neuregelung sogar einen Verstoß gegen die bayerische Verfassung, da die Zeit nur noch für drei Einzelberatungen reiche. Einer der vier Oppositionsfraktionen wäre damit die Möglichkeit genommen, eine solche zu beantragen.

Der zweite Punkt betrifft die Aufteilung der Redezeit: Bislang wurden Zweidrittel der Zeit gleichmäßig auf alle Fraktionen verteilt, der Rest wurde nach Fraktionsstärke vergeben. Künftig soll nur noch die Hälfte gleichmäßig zugeteilt werden, wovon die großen Fraktionen – also vor allem die CSU – profitieren. Dass auch die Freien Wähler diese Neuregelung mittragen, ist ein Armutszeugnis für ihre Glaubwürdigkeit, da sie als Oppositionspartei 2014 sogar die Einführung der seitdem geltenden Regelung scharf kritisierten. Zuvor durften alle Fraktionen, unabhängig von der Zahl ihrer Abgeordneten, noch gleich lang sprechen. Nun setzen die FW als Regierungspartei also eine Beschränkung der Redezeit kleinerer Fraktionen durch, die noch größer ist als die damals von ihnen beanstandete. In der vergangenen Legislaturperiode lag die Mindestredezeit jeder Fraktion bei fünf Minuten; jetzt sind es nur noch vier.

Drittens sollen Zwischenbemerkungen beschränkt werden. Bislang durften sich Abgeordnete während einer Rede beliebig oft zu Wort melden und zwei Minuten lang sprechen. Zukünftig sind nur noch drei Zwischenbemerkungen von einer Minute pro Fraktion erlaubt.

Da es 2018 nur zwei Mal zu vier Zwischenbemerkungen kam, zielt auch diese Einschränkung der parlamentarischen Rechte hauptsächlich auf die neu im Landtag vertretene AfD, deren Kritik man offenbar sehr fürchtet. Offiziell heißt es bei CSU und FW, man wolle verhindern, dass Debatten „künstlich in die Länge gezogen werden“. Das Parlament sei schließlich größer geworden und müsse trotzdem effektiv arbeiten – man unterstellt der AfD also in arroganter, obrigkeitsstaatlicher Manier pauschal eine destruktive Haltung.

Natürlich bedeuten zwei zusätzliche Fraktionen einen höheren parlamentarischen Aufwand, aber dies sei „der Wille des Wählers“, stellte der AfD-Abgeordnete Christoph Maier dazu fest. Und diesen wollen die Regierungsfraktionen offenkundig beschneiden.

Ob die neue Regelung möglicherweise verfassungswidrig ist, wird eine nähere Prüfung ergeben. Die SPD hat einen Gang vor das Verfassungsgericht nicht ausgeschlossen.

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